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Auf der Suche nach dem Kitt der Gesellschaft

"Respekt", aber auch sein Antonym "Respektlosigkeit" scheinen heute mehr denn je allgegenwärtig. Ob in Unternehmen, Politik, Bildungssystemen oder Partnerschaft. Respekt wird gefordert, nur wenigen gezollt und von vielen verloren. Die Konsequenzen sind weitreichend - auf jeder Ebene und für jeden spürbar.

Der RespectResearchGroup geht es in ihrer Forschung um das systematische Untersuchen der Begrifflichkeit des Respekts mit der Möglichkeit einer praktischen Ableitung für das Handeln in unterschiedlichen Feldern. Hierzu wurde Mitte 2003 die Forschungsgruppe an der Universität Hamburg als ein Zusammenschluss von Jungwissenschaftlern der unterschiedlichsten Disziplinen gegründet.

Geleitet wird die Arbeit der Gruppe von folgenden Überlegungen:

In Zeiten zunehmender Individualisierung werden altbekannte Konventionen, Regeln und Normen hinterfragt. Dies lässt den Einzelnen jedoch häufig eher verunsichert als befreit zurück. Für die Gesellschaft ergibt sich deswegen ein Steuerungsproblem, denn wenn Bürger, Mitarbeiter oder Schüler Traditionen hinterfragen, ist es für die Mächtigen, Vorgesetzten, Lehrer usw. schwierig, den eigenen Einflussanspruch weiterhin durchzusetzen. Wird dieser Anspruch so stark hinterfragt, dass die etablierte Führung als solche in Frage gestellt wird, braucht es neue Legitimierungsmodelle. Modelle, in denen das Individuum die Steuerung wieder unterstützt, anstatt gegen diese zu arbeiten oder in Parallelsysteme abzudriften.
Diese Legitimierung kann in der heutigen Zeit nur einem individualisierten Modell folgen, denn nur ein solches wird der Komplexität der heutigen Beziehungsstrukturen gerecht. Respekt ist ein solches Modell, denn wenn dieser nicht als bloße Regel des Anstands oder der Höflichkeit begriffen wird, so bildet es die individuellen Wertestrukturen eines Subjektes gut ab. Die Komplexität, die diese individualisierten Wertesysteme mit sich bringen, ist dabei nicht hinderlich für ein einheitliches Steuerungssystem, sondern stellt vielmehr einen Anreiz dar, die Vielfalt unserer Lebensmodelle auf gemeinsame steuerbare Logiken zurückführen zu können.
Die Annahme, dass es für alle gemeinsame oberflächliche Kriterien gibt, die respektiert werden müssen, ist wohl überholt. Mit Vielfalt umzugehen ist die Chance moderner Demokratien, die sich auf jeder Ebene abbildet, sei es in der Partnerschaft, in der Bildung, in der Politik oder in der Wirtschaft.

Geförderte Einzelprojekte

Was ist Respekt?

Respekt ist uns wichtig. Jeder möchte von anderen respektiert werden. Aber was für ein Phänomen meinen wir genau, wenn wir sagen, wir respektieren jemanden, oder wünschen uns, respektiert zu werden? Um sich einer Antwort auf diese Frage anzunähern, wurde auf der Grundlage existierender philosophischer Ansätze wie auch der empirisch arbeitenden Psychologie ein allgemeines theoretisches Rahmenmodell zur begrifflichen Abgrenzung von Respekt, Toleranz und Akzeptanz entwickelt.

Publikation:
van Quaquebeke, N., Henrich, D. C., & Eckloff, T. (2007). “It’s not tolerance I’m asking for, it’s respect!” A conceptual framework to differentiate between tolerance, acceptance and (two types of) respect. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 38(2), 185-200.

Wie wichtig ist Respekt am Arbeitsplatz?

Ein Kooperationsprojekt zwischen der RespectResearchGroup und der LMU München hat geklärt, welche Arbeitswerte Arbeitnehmern in Deutschland wie wichtig sind und wie stark diese Werte in den jeweiligen Unternehmen umgesetzt sind. Die Ergebnisse der zwei Studien (N1 = 589, N2 = 318) zeigen übereinstimmend, dass im Vergleich mit anderen Arbeitswerten eine respektvolle Behandlung durch die Führungskraft einen der wichtigsten Arbeitswerte darstellt. Gleichzeitig wird Respekt in den jeweiligen Organisationen jedoch bei weitem nicht so stark gelebt, wie es in den Augen der Arbeitnehmer wünschenswert wäre. Dies ist für Unternehmen bedeutsam, denn je stärker der Respekt im Unternehmen gelebt wird, umso stärker identifizieren sich die Arbeitnehmer mit dem Unternehmen und umso zufriedener sind sie mit ihrer Arbeit.

Publikation:
van Quaquebeke, N., Zenker, S., & Eckloff, T. (2009). Find out how much it means to me? The importance of interpersonal respect in employees’ work values and organizational work practices. Journal of Business Ethics, 89, 423-431.

Was heißt respektvoll führen konkret?

Die bisherige Forschung hat bisher kaum Anhaltspunkte dafür geliefert, welche konkreten Verhaltensweisen und Merkmale von Führungskräften dazu führen, dass sich deren Mitarbeiter respektiert fühlen. Deshalb wurde auf der Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse von Beispielen respektvoller Führung (Studie N3 = 426) ein umfassendes Handlungsinventar respektvollen Führungsverhaltens erstellt. Darauf aufbauend wurde ein ökonomisches Messinstrument respektvoller Führung in Organisationen entwickelt (Studie N4 = 228) und in einer weiteren Studie (N5 = 412) validiert. Es konnte gezeigt werden, dass Mitarbeiter, die von ihren Führungskräften respektiert werden, offener sind für deren Einfluss, sich als selbstbestimmter erleben und zufriedener mit ihrer Arbeit sind.

Publikation:
van Quaquebeke, N.* & Eckloff, T.* (2010) Defining respectful leadership: What it is, how it can be measured, and another glimpse at what it is related to. Journal of Business Ethics, 91, 343-358. *equal authorship

Welche Bedeutung hat respektvolle Führung auf Einflussprozesse in Führungskraft-Mitarbeiter-Beziehungen?

Mithilfe des Messinstrumentes für respektvolle Führung konnte daraufhin die Bedeutung respektvoller Führung für Einflussprozesse in Führungsdyaden untersucht werden. Basierend auf mitarbeiterzentrierten Ansätzen der Führungsforschung, die gezeigt haben, dass Prozesse der Führungskraftkategorisierung auf der einen Seite und Identifikationsprozesse auf der anderen Seite dazu führen können, dass Mitarbeiter sich gegenüber dem Einfluss ihrer Führungskräfte öffnen, wurde zunächst ein Mediationsmodell der Einflussoffenheit von Mitarbeitern entwickelt und getestet, welches davon ausgeht, dass Identifikationsprozesse den Zusammenhang von Führungskraftkategorisierung und Einflussoffenheit mediieren. Die Annahmen dieses Modells konnten in drei Studien (N6 = 496, N7 = 700, N8 = 244) bestätigt werden. In einer weiteren Studie (N9 = 645) konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass die über Identifikation vermittelte Einflussoffenheit von Arbeitnehmern umso größer ist, je stärker sie sich von ihren Führungskräften respektiert fühlen und je stärker sie sich in der Beziehung zu ihren Führungskräften als selbstbestimmt erleben.

Publikation:
Eckloff, T., & van Quaquebeke, N. (2008). "Ich folge Dir, wenn Du in meinen Augen eine gute Führungskraft bist, denn dann kann ich mich auch mit Dir identifizieren." Wie Einflussoffenheit von Untergebenen über Identifikationsprozesse vermittelt wird. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 52(4), 169-181.

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