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Kreative Talente mit Werten gewinnen

Wie gewinnt man die Kreativen einer Gesellschaft für eine bestimmte Stadt oder Region? Mit Werten – zeigt Sebastian Zenkers von der Stiftung geförderte Arbeit.

Hintergrund

In der noch jungen Disziplin des Stadt- und Regionenmarketings lag der Fokus bis zuletzt hauptsächlich auf dem Kapital und den Investoren. Waren genug Firmen, Kapital und damit auch Jobs in einer Region vorhanden, florierte diese. Der Umkehrschluss: Eine Gemeinde muss nur durch Subventionen, Steuererleichterungen und den Ausbau der Infrastruktur Firmen für ihren Standort begeistern, der Rest passiert von allein.

Diese einfache ökonomische „Regel“ wird in jüngster Zeit jedoch in Frage gestellt. “Keep your tax incentives and highway interchanges; we will go where the highly skilled people are”, so Carley Fiorina, CEO von Hewlett-Packard. Zunehmend rückt der Faktor Mensch in den Fokus der Standortbetrachtung. Talente, High Potentials, Eliten und Kreative Köpfe sind gesucht – sie gelten als der Schlüssel für ökonomisches Wachstum.

Fragestellungen und Forschungshypothese

Doch warum entscheiden sich diese Menschen nun für eine bestimmte Stadt? Welche Faktoren üben bei der Standortwahl einen Einfluss aus? Gründe für eine Standortwahl werden in der Literatur üblicherweise in harte und weiche Faktoren unterschieden. Harte Faktoren sind dabei z.B. Jobaussichten, Lebenserhaltungskosten und das Wohnungsangebot. Weiche Faktoren z.B. das soziale Umfeld, die Werte einer Gesellschaft und das kulturelle Angebot.

Ziel des Forschungsprojektes war es zunächst, die relevanten harten und weichen Bewertungsfaktoren für eine Stadt herauszufinden. Die Hypothese dabei: Weiche Faktoren (wie z.B. Toleranz und Offenheit einer Stadt) dominieren in der Zielgruppe der Kreativen die Wohnortentscheidungen - im Gegensatz zu den jeweiligen Vergleichsgruppen. Gerade die Werte einer Gesellschaft stellen für diese Menschen einen wichtigen Anreiz zur Migration bzw. zum Verweilen in einer Stadt oder Region dar.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Studien der ersten Projektphase bestätigen die Annahme, dass weiche Standortfaktoren – und vor allem Werte wie Offenheit und Toleranz – maßgeblich zur Bewohner-Zufriedenheit beitragen. Dabei zeigt sich bei allen Befragten, unabhängig von Schicht, Einkommen und Bildung, ein starker Einfluss solcher Werte auf die Zufriedenheit. Außerdem wurde deutlich, dass eine erhöhte Bewohner-Zufriedenheit sich auch in einer geringen Wegzugs-Wahrscheinlichkeit niederschlägt.

Der zweite Untersuchungsblock befasste sich mit der speziellen Wertestruktur verschiedener Zielgruppen und ihren Ansprüchen an die Werte einer Stadt-Gesellschaft. Hierbei zeigte sich, dass bestimmte Zielgruppen (wie bspw. sogenannte „Young Professionals“) stärker leistungsbezogene Werte präferierten, während andere Gruppen (z.B. der „Creative Core“) sich hingegen eher bei allgemeinen Werten (z.B. Güte) und Werten individueller Freiheit angesprochen fühlten. Der Werte-Fit zwischen der Wertestruktur der Zielgruppe und dem Stadt-Stereotyp beeinflusst dabei maßgeblich den Wunsch in einer Stadt zu bleiben oder, bei nicht vorhandenem Fit, in eine andere Stadt zu ziehen.

In einem dritten Forschungsschritt wurde an einem konkreten Beispiel (der Stadt Hamburg) die Marke dieser Stadt erhoben und auf ihre enthaltenen Werte überprüft. Dabei zeigte sich z.B. dass „Offenheit und Toleranz“ eine zentrale Assoziation mit der Stadt Hamburg darstellt. Außerdem weisen die Ergebnisse darauf hin, dass stadtbauliche Veränderungen wie der Bau der Elbphilharmonie diese Imageassoziation eher abschwächte, während die internationale Bauausstellung (IBA) auf den Elbinseln diese wichtige Assoziation in den Markenkern der Stadt Hamburg rückt.

Weitere Forschung

Dr. Sebastian Zenker forscht zurzeit in einem Kooperationsprojekt der Erasmus Universität Rotterdam und der Universität Hamburg über die Einflussfaktoren der Bewohner-Stadt-Identifikation. Ziel dabei ist es herauszufinden, wie ein solcher Identifikationsprozess weiter gestärkt werden kann – gerade im Hinblick auf die Integration verschiedener kultureller Gruppen innerhalb einer Stadt.