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Stromtrasse Süd-Ost

Vor dem Hintergrund der Energiewende ist es vorgesehen, Windenergie aus Norddeutschland über neue Stromtrassen bis nach Bayern zu transportieren, um die dortige Abschaltung von Atomkraftwerken zu kompensieren. Die Leitungen sollen oberirdisch an bis zu 75 Meter hohen Masten verlaufen, die Gesamtlänge der Neubauvorhaben beträgt bis zu 4300 Kilometer. Entlang der Trassen formiert sich Widerstand gegen die Planungen, der insbesondere an der sogenannten „Stromtrasse Süd-Ost“ (inzwischen meist als „Korridor D“ bezeichnet) von der Lausitz über Oberfranken nach Südbayern, aber auch der Trasse „Südlink“ von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen nach Bayern zunehmend professionell organisiert wird. Nicht nur Bürgerinitiativen, sondern auch Kommunalpolitiker kritisieren das Vorhaben unter anderem mit Verweis auf Umweltschäden durch die bis zu 70 Meter breiten Schneisen, Gesundheitsgefahren für Anwohner, Wertverlust von Immobilien sowie landschaftliche Schäden mit Konsequenzen für die Tourismuswirtschaft. Als Alternative wird insbesondere eine dezentrale Versorgung gefordert, die etwa durch den Ausbau von Gaskraftwerken und Investitionen in die Gewinnung erneuerbarer Energie sichergestellt werden könne. Schließlich entscheidet die Bundesregierung, dass eine Erdverkabelung Vorrang vor neuen Überlandtrassen haben soll. In der Folge verzögert und verteuert sich das Projekt erheblich.

Die Architektur des Protests ist im Vergleich insofern ungewöhnlich, als dass die Konfliktlinie nicht zwischen "den Bürgern" und "der Politik" verläuft, sondern im Gegenteil die Protestereignisse vor Ort teilweise entscheidend von Lokalpolitikern mitgestaltet werden. Aus demokratietheoretischer Sicht kann der Fall dahingehend interpretiert werden, dass eine im Föderalismus vorgesehene gegenseitige Kontrolle innerhalb des Systems greift. Zudem ist der Großteil der Protestierenden weniger den "Nimbys" zuzuordnen als dass es sich um Befürworter des Umstiegs auf erneuerbare Energien handelt, die standortunabhängig grundlegende Kritik an der Umsetzung der Energiewende formulieren.

 

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