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4. Die Wirtschaftsbürger: Diskurse, Erwerbsarbeit, Konsum und Investments

Mündige Wirtschaftsbürger sind Teil der kritischen Öffentlichkeit. Sie machen wirtschaftliches und politisches Handeln zu einer öffentlichen Angelegenheit (lateinisch: res publica), in dem sie dessen Legitimität in ethischen Diskursen prüfen. Ziel ist die Selbstaufklärung der kritischen Öffentlichkeit auf der Grundlage triftiger Argumente.

Als Arbeitnehmer ist der mündige Wirtschaftsbürger Mitglied eines Unternehmens und Agent eines Prinzipals. Ihm schuldet er schon qua Arbeitsvertrag Loyalität. Er darf daher grundsätzlich nicht gegen die Interessen des Unternehmens handeln (Stichwort: Untreue). Illegales und / oder illegitimes Handeln darf ihm allerdings auch nicht zugemutet werden. Eine kritische Rollenidentität hilft, die richtige Balance von eigenem Interesse, Unternehmensinteresse und öffentlichem Interesse zu finden – manchmal ein echter Balanceakt.

Als Verbraucher ist der mündige Wirtschaftsbürger Nachfrager auf dem Gütermarkt. Ihm ist bewusst, dass der Konsument in der Marktwirtschaft der Souverän ist bzw. sein soll. Sein Konsum dient zwar der persönlichen Bedürfnisbefriedigung; er ist jedoch frei, soziale, ökologische und ethische Gütereigenschaften zu berücksichtigen und durch gezielte Lenkung seiner Kaufkraft Einfluss auszuüben. Ethischer bzw. nachhaltiger Konsum schmälert den eigenen Nutzen auf Käufermärkten (wegen des harten Wettbewerbs) oft gar nicht oder kaum (Fachbegriff: Kleinkostenentscheidungen) – dies ist Chance und Risiko zugleich.

Als Geldanleger ist der mündige Wirtschaftsbürger Anbieter auf dem Geld- und Kapitalmarkt. Er strebt dabei nach Vermögenserhalt und -vermehrung. Beim Vergleich der zahlreichen Anlagemöglichkeiten kann er neben den klassischen Kriterien (Ertrag, Sicherheit, Verfügbarkeit) auch soziale, ökologische oder ethische Kriterien berücksichtigen. Durch ethisches Investment wird nur ausgewählten Unternehmen Kapital zur Finanzierung von Investitionen zur Verfügung gestellt. Doch es gibt verschiedene Vorstellungen davon, was ethisch ist und was nicht?

Das Selbstbewusstsein als mündiger Wirtschaftsbürger ist ein normatives Ideal. Tatsächlich betrachten viele Menschen wirtschaftliches Handeln als „reine Privatangelegenheit“ und engagieren sich weder gesellschaftlich noch politisch – ohne zu wissen, dass sie es gerade dadurch tun.